Auktion: 479 / Klassiker des 20. Jahrhunderts I am 08.12.2018 in München Lot 839

 

839
Max Beckmann
Schlangenbeschwörerin, 1950.
Bronze mit dunkelbrauner Patina
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 62.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Schlangenbeschwörerin. 1950.
Bronze mit dunkelbrauner Patina.
Auf der Standfläche nummeriert "0/2" und bezeichnet "R.B.W.". Eine von wohl 5 autorisierten Exemplaren. 13,9 x 37,4 x 12,6 cm (5,4 x 14,7 x 4,9 in).
Gegossen von der Bronzegießerei Roman Bronze Works, New York (mit dem Stempel „R.B.W.“).
Eine von insgesamt nur 8 Skulpturen im Werk Max Beckmanns.
Erst ein weiteres Exemplar der "Schlangenbeschwörerin" wurde im Jahr 2001 auf dem internationalen Auktiosnmarkt angeboten (Quelle: www.artprice.com)
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Wir danken Frau Mayen Beckmann, Köln, für die freudliche wissenschaftliche Beratung. Die Arbeit wird in den in Vorbereitung befindlichen Werkkatalog der Bronzen aufgenommen.

PROVENIENZ: Privatsammlung USA.
Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: The eight sculptures of Max Beckmann, Catherine Viviano Gallery, New York 2. -28. November 1959, mit Abb. o. S. (wohl anderes Exemplar).
Max Beckmann, Ausst. Catherine Viviano Gallery, New York 1962, Nr. 11 (möglicherweise unser Exemplar).
Beckmann. A Retrospektive, Ausst.Kat. The Saint Louis Art Museum; County Museum of Art, Los Angeles; Haus der Kunst, München; Nationalgalerie, Berlin, 1984/85, Abb. S. 139 (wohl anderes Exemplar).
Max Beckmann, Galleria Nazionale d`Arte Moderna, Rom 1996, Kat. Nr. 6, mit Abb. S. 164-165 (wohl anderes Exemplar).
Max Beckmann, 8 Bronzen, Städel Museum, Frankfurt a. M. 2008, Abb. S. 24/25 (anderes Exemplar).

LITERATUR: Sabine Schulze, Acht Bronzen, in: Max Beckmann: 8 Bronzen, Ausst. Kat. Städel Museum Frankfurt a. M. 2008, S. 8-25, mit Abb. S. 24/25 (anderes Exemplar).
"Wenn man dies alles - den ganzen Krieg, oder auch das ganze Leben nur als eine Szene im Theater der Unendlichkeit auffasst, ist vieles leichter zu ertragen."
Max Beckmann, Tagebuch 12. September 1940, zit. nach: Max Beckmann: 8 Bronzen, Ausst. Kat. Städel Museum Frankfurt a. M. 2008, S. 53.

Bronzen Max Beckmanns sind mehr als selten: nur acht Arbeiten umfasst das kleine und heute besonders rahre plastische Werk des Künstlers, das erstmals im Herbst 1959 in der Catherine Viviano Gallery in New York der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die Galleristin hatte kurz zuvor mit Curt Valentin und der Witwe des Künstlers, Mathilde "Quappi" Beckmann, den Guss der Bronzen nach Gipsen des Künstlers initiiert. Die ersten fünf Gipsmodelle, der "Mann im Dunkeln", die "Tänzerin", die "Kreichende Frau", "Adam und Eva" sowie das "Selbstbildnis" entstehen in kurzer Folge zwischen 1934 und 1936 in Berlin. In seiner Berliner Wohnung hatte Beckmann einen eigens der Arbeit mit Ton und Gips gewidmeten Raum neben seinem Atelier. Hier entstehen unter der Anleitung eines gelernten Gipsmeisters seine ersten plastischen Werke. Weitere drei Gipsmodelle fertigt Beckmann dann im Anschluss an sein Amsterdamer Exil erst in seinem letzten Lebensjahr in New York. 1950 enstehen dort die Gipse der "Schlangebeschwörerin", der "Brücke" und des "Kopf eines Mannes". Diese drei Arbeiten zeichnen sich durch ihre deutlich abstrahiertere Formsprache aus. Besonders schön zeigt sich diese abstrahiertere Körperauffassung an der Schlangenbeschwörerin, deren seitlich lagernder Körper sich geradezu in dem formalen Gewirr aus Schlangenkörper und den Brüsten und Armen der Dargestellten verliert und auf diese Weise den Betrachter geradezu zwingt, ihre zerklüftete Oberfläche optisch zu erkunden.
Zum Zeitpunkt ihrer ersten Ausstellung in der Catherine Viviano Gallery in New York im Jahr 1959 ist über die geplante Auflagenhöhe der einzelen Bronzen noch nicht entschieden. Eine in den Februar 1961 datierende Korrespondenz belegt, dass von "Quappi" Beckmann ursprünglich eine Auflage von jeweils 6 Exemplare angedacht war, wovon ihr der damalige Direktor der Pinakothek in München, Kurt Martin, jedoch ausdrücklich abrät. Er plädiert für jeweils nur 3 Exemplare, da er ansonsten bereits die Exklusivität von Beckmanns plastischem Werk gefährdet sieht. Dieser nachträgliche Korrektur im Sinne der Exklusivitäswahrung ist also vermutlich die Tatsache geschuldet, dass in den Geschäftsbüchern der Catherine Viviano Gallery der Verkauf von zwei unterschiedlich nummerierten Exemplaren dokumentiert ist. Ein 1/5 nummeriertes Exemplar wurde an den berühmten Sammler Stanley J. Seeger veräußert und schließlich in einer Sonderauktion 2001 von Sotheby´s aus dessen Besitz versteigert. Anschließend veräußerte Catherine Viviano einen weiteren Guss an einen namentlich leider nicht aufgeführten Käufer, bei dem es sich um den unsrigen "0/2" nummerierten Guss handeln muss.
1950, in seinem letzten Lebensjahr also, hat Beckmann seine beeindruckende Figur der Schlangenbeschwörerin in Terracotta geformt, bevor er im Dezember im Central Park in New York einem Herzinfarkt erliegt. Beckmanns Skulpturen sind - da ist sich die Forschung einig - Produkt und Ausdruck seiner zunehmenden politischen und persönlichen Isolation. In Deutschland unter zunehmendem politischen Druck als "entarteter" Künstler diffarmiert und anschließend in New York als Deutscher isoliert, hat Beckmann eine kleine Auslese an beeindruckenden plastischen Zeugnissen hinterlassen. Nicht zuletzt deshalb wurden die 8 Bronzen des Künstlers zuletzt 2008 in einer eigenen Ausstellung des Städel Museums in Frankfurt gewürdigt.
Eine Terracotta-Abformung der "Schlangebeschwörerin", die motivisch an Beckmanns berühmtes "Welttheater" anzuknüpfen scheint, hat "Quappi" Beckmann nach dem Tod ihres Mannes dem Museum of Fine Arts in Boston vermacht, in dessen Sammlung sich die Arbeit bis heute befindet. Bisher wurde erst ein Guss dieser eindrucksvollen und an die phantastischen malerischen Bildwelten des Künstlers erinnernden Bronze auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten: 2001 wurde das bereits erwähnte Exemplar aus dem Besitz des bedeutenden amerikanischen Kunstsammlers Stanley J. Seegers im Rahmen einer Sonderauktion bei Sotheby´s versteigert. Umso erfreulicher ist es für unser Haus diese Bronze, die auf dem internationalen Kunstmarkt eine absolute Seltenheit darstellt, in unserer Auktion anbieten zu dürfen. [JS]



839
Max Beckmann
Schlangenbeschwörerin, 1950.
Bronze mit dunkelbrauner Patina
Schätzung:
€ 50.000
Ergebnis:
€ 62.500

(inkl. Käuferaufgeld)