Auktion: 403 / Moderne Kunst am 19.04.2013 in München Lot 105

 

105
Heinrich Campendonk
Vier badende Akte, 1912.
Aquarell
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 22.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Vier badende Akte. Um 1912.
Aquarell und Pinselzeichnung über Kreide.
Firmenich 161ATP. Verso mit dem Nachlassstempel, dort von Herbert Campendonk signiert. Auf Velin. 39 x 45 cm (15,3 x 17,7 in), blattgroß.
Zeitdokumentarisches Werk aus der besten Zeit. Durch Kriegseinwirkungen fragmentarisch erhalten mit größeren Verlusten vor allem der linken Bildhälfte. Trotz der Beeinträchtigungen beeindruckendes Blatt von hohem ästhetischen Reiz.

Mit einer Echtheitsbestätigung von Herbert Campendonk, Düsseldorf-Osterath, vom 7. November 1976.

PROVENIENZ: Aus dem Nachlass des Künstlers.
Privatsammlung Süddeutschland.

AUSSTELLUNG: Heinrich Campendonk. Das Kokoschka-Erlebnis und die Folgen, August Macke Haus Bonn, 25.2.-22.4. 2001, Kat.Nr. 14 (mit Farbabb. S. 105).

Nach dem Studium an der Krefelder Kunstgewerbeschule bei dem holländischen Künstler Johan Thorn Prikker folgt Heinrich Campendonk 1911 einer Einladung Franz Marcs ins oberbayerische Sindelsdorf und lässt sich dort nieder. Bereits in dieser Zeit findet er das Grundthema seiner Arbeit: die Darstellung der Harmonie von Mensch und Tier, der Schöpfung, des Kreislaufes des ewigen Werdens und Vergehens. Neben Gemälden entstehen Aquarelle, Gouachen und erste Holzschnitte. In Sindelsdorf lernt Campendonk weitere Mitglieder des Künstlerbundes "Blauer Reiter" kennen und nimmt noch im selben Jahr an Ausstellungen der Gruppe teil. Zusammen mit dieser stellt er auch zwei Jahre später im "Ersten Deutschen Herbstsalon" des von Herwarth Walden geleiteten "Sturm" in Berlin aus. Sein künstlerisches Schaffen ist in diesen Jahren von Marc, Macke und Kandinsky beeinflusst und erfährt einen seiner ersten Höhepunkte. Eine streng geometrisierende Formensprache ist mit einer Farbigkeit in reinen Komplementärkontrasten zu einer dynamisierten, rhythmisierten Formensprache vereint.

Das etwa um 1912 entstandene Aquarell zeigt, wie vielfältig Campendonk Einflüsse aufnimmt und verarbeitet. Die Nähe zu Zeichnungen von Oskar Kokoschka ist nicht zu übersehen und doch reift in Campendonk der ganz eigene Ausdruck in einer Dynamik der Figuren, die in ihrer gestreckten Körperlichkeit noch Einflüsse des Jugendstils zeigen. Die bewegte Komposition, die Campendonk hier mit einem gewissen Pathos entwirft, könnte als gedanklicher Entwurf zu einer größeren Arbeit gewertet werden. Sie lässt selbst in ihrer fragmentarischen Erhaltung viel von dem erkennen, was der Künstler in Zukunft verwirklichen wird.

1916 siedelt Campendonk nach Seeshaupt am Starnberger See über, von wo aus er ausgedehnte Reisen unternimmt. Seine Malerei ist nun von weich fließenden Formen, großen ruhigen Flächen von intensiver Leuchtkraft und einer lyrischen, oft märchenhaften Grundstimmung geprägt. Es entstehen Arbeiten in der Technik der Hinterglasmalerei. 1926 wird der Künstler als Professor an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen. Besonders durch die Ausführung zahlreicher Glasfenster an Kirchen und öffentlichen Gebäuden (Landtagsgebäude und Paulskirche in Düsseldorf, Essener Münster u.a.) erringt Campendonk seit Mitte der 1920er Jahre künstlerische Anerkennung. Als er 1933 aus dem Lehramt entlassen wird, folgt die Emigration nach Belgien, 1935 nimmt er einen Lehrauftrag für "monumentale und dekorative Künste" an der Rijksakademie van beeldende Kunsten in Amsterdam an. Campendonk kehrt nach Kriegsende nicht mehr nach Deutschland zurück. Er ist weiterhin als Lehrer tätig und erhält zahlreiche Aufträge für Glasfenster in den Niederlanden und in Deutschland. 1956 wird er mit dem Quellinus-Preis der Stadt Amsterdam geehrt und zum Ritter vom Orden "De Nederlandse Leeuw" ernannt. Campendonk stirbt 1957 in Amsterdam. [KD].




105
Heinrich Campendonk
Vier badende Akte, 1912.
Aquarell
Schätzung:
€ 18.000
Ergebnis:
€ 22.500

(inkl. Käuferaufgeld)