Auktion: 517 / Moderne Kunst II am 18.06.2021 in München Lot 129

 

129
Erich Heckel
Die Tanzenden, 1910.
Farbige Kreidezeichnung und Tusche
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 52.500

(inkl. Käuferaufgeld)
Die Tanzenden. 1910.
Farbige Kreidezeichnung und Tusche.
Verso von Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner signiert und mit Grußtext. Auf einer Blanko-Postkarte. 9 x 14 cm (3,5 x 5,5 in), blattgroß.
Postkarte aus Dresden an Minya Diez-Dührkoop. Poststempel 2.11.10:
" Sehr verehrte Frau, für Ihre Grüsse vielen Dank! Nach den Erlebnissen in Hamburg wirkt Dresden reichlich zahm! Ihr Erich Heckel.
Ist ein verdammtes Nest. Hoffe bald mal zu arbeiten. Herzliche Grüsse Ihr EL Kirchner".
• Aus der wichtigen "Brücke"-Zeit.
• Von Heckel und Kirchner signiert.
• Im Tanz finden die "Brücke"-Künstler das ideale Motiv für einen unmittelbaren und unverfälschten Ausdruck
.

Das Werk ist im Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen am Bodensee, verzeichnet. Wir danken Frau Renate Ebner und Herrn Hans Geissler für die freundliche Unterstützung.

PROVENIENZ: Sammlung Minya Diez-Dührkoop, Hamburg.
Sotheby' s München, 28. Oktober 1987, Los 58.
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

Die Künstlerpostkarten sind beredtes Zeitzeugnis und eröffnen uns sowohl Einblicke in die künstlerische Entwicklung der Künstler als auch in ihr gesellschaftliches Leben. Verschickt wurde die Postkarte von Heckel und Kirchner gemeinsam aus Dresden im Jahr 1910 an eine Frau Minya Diez-Dührkoop in Hamburg. Die Dame ist Fotografin mit einem weit verzweigten Netzwerk in Künstler- und Intellektuellenkreisen sowie seit 1910 passives Mitglied der Künstlergruppe "Brücke". Sie porträtiert namhafte Künstler wie Corinth, Nolde und Pechstein. Nach dem kurzen Grußtext zu schließen, sind beide Künstler kürzlich in Hamburg gewesen, was sie im Vergleich zu Dresden wohl als bedeutend lebendiger erlebten. Die Zeichnung auf der Schauseite der Postkarte wirkt weniger zahm. Ein wohl russisches Tanzpaar zeigt im Cafe Central in Dresden seine Künste. Kirchner schickt 1909 eine Postkarte an Heckel mit ähnlichem Motiv, dort ist im Grußtext von Kirchner vermerkt: "Russische Tänzerin im Central ganz nett. Besten Gruße Dein Ernst" (zit. nach: Annemarie Dube-Heynig, Ernst Ludwig Kirchner. Postkarten und Briefe an Erich Heckel, Köln 1984, S. 20f.). Wie in ihren Viertelstundenakten suchen die "Brücke"-Mitglieder im Tanz den menschlichen Körper in seiner reinsten Natürlichkeit, losgelöst von versteiften Haltungen und Posen. In schnell und spontan erfassten Skizzen halten sie die dynamischen Bewegungsabläufe der Tänzer und Akrobaten in konzentrierten Linien fest. Die ausgelassene Lebensfreude und lockere Stimmung in den Lokalen empfinden die Künstler als reizvolle Gegenwelt zum spießigen Bürgertum. Sowohl Heckel als auch Kirchner finden ihre Lebensgefährtinnen unter den Tänzerinnen der Varietés und Clubs. Der Tanz als Ausdruck losgelöster Bewegung und Dynamik entspricht dem Streben der "Brücke"-Künstler nach einem freien, unkonventionellen Leben, befreit von den starren Fesseln der Bourgeoisie. [SM]



129
Erich Heckel
Die Tanzenden, 1910.
Farbige Kreidezeichnung und Tusche
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 52.500

(inkl. Käuferaufgeld)