Auktion: 518 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 17.06.2021 in München Lot 57

 

57
Karl Hagemeister
Roter Mohn am Seeufer, Um 1905.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 68.750

(inkl. Käuferaufgeld)
Roter Mohn am Seeufer. Um 1905.
Öl auf Leinwand.
Links unten signiert. Verso auf der Leinwand sowie auf dem Keilrahmen mit älterem Etikett. 75 x 100 cm (29,5 x 39,3 in).

• Eines der seltenen, großen Mohnfelder im Werk Karl Hagemeisters.
• Besonders leuchtendes, kontrastreiches Blumenmotiv von außergewöhnlicher Farbintensität.
• Intime, persönliche Interpretation des um die Jahrhundertwende durch den Impressionismus populär gewordenen Motivs.
• Für Hagemeister ungewöhnlich zarter, luftiger und behutsamer Farbauftrag, Ausdruck der Fragilität der Blüten
.

Mit einer schriftlichen Expertise von Frau Dr. Hendrikje Warmt, Karl Hagemeister Archiv & Werkverzeichnis, Berlin. Die Arbeit wird im Karl Hagemeister-Archiv registriert sowie in das Werkverzeichnis unter der Nummer G 380 aufgenommen.

PROVENIENZ: Wohl: Gebrüder Heilbron, Berlin (in Kommission 1912).
Sammlung Alfred Dressel, Berlin (bis 1931, Rudolph Elsas, Berlin, 12.10.1931 und wohl erneut angeboten 12.12.1931, Käufer nicht ermittelbar).
Gemälde-Galerie Abels, Köln (mindestens ab 1937, Vorbesitzer nicht ermittelbar).
Galerie Aenne Abels, Köln (mindestens bis 1950, wohl durch Übernahme vom Vorgenannten).
Kaufhof Aktiengesellschaft Kaufhalle GmbH Union Modegroßhandel GmbH (1955, verso mit dem Etikett).
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen.

AUSSTELLUNG: Meisterwerke alter und neuer Kunst aus der Ausstellung in der Gemälde-Galerie Abels, Köln 1937, o. S. (mit Abb.).

LITERATUR: Wohl: Gebrüder Heilbron, Berlin, Gemälde und Zeichnungen von Meistern des 19. und 20. Jahrhunderts, aus den Sammlungen des Herrn Lothar Meilinger, München, und eines bekannten Münchener Künstlers sowie aus anderem Privatbesitz, Auktion 10./11.10.1912, Los 113.
Rudolph Elsas, Berlin, 12.10.1931, Wohnungs-Einrichtung der Villa Jasminweg 4 (Westend), Los 111 mit Abb. Taf. 3 und Abb. des Speisezimmers von Alfred Dressel mit Hagemeisters Gemälde.
Wohl: Rudolph Elsas, Berlin, 12.12.1931, Gemälde und Teppich-Sammlung Arthur L.[owian], Los 24, o. Abb.

Das kraftvolle Leuchten der Mohnblume fasziniert seit jeher die Maler, indem sie Anlass gibt zu koloristischem Schwelgen in der Intensität der reinen, roten Farbigkeit. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und insbesondere um die Jahrhundertwende wird die Pflanze von unterschiedlichen Kunstströmungen motivisch in den Blick genommen. Nicht nur Maler wie der Impressionist Claude Monet im berühmten Gemälde „Mohnfeld bei Argenteuil“ von 1873 (Musée d‘Orsay, Paris), wie Vincent van Gogh in „Mohnfeld“ von 1890 (Gemeentemusem, Den Haag) oder Gustav Klimt in „Mohnwiese“ von 1907 (Österreichische Galerie Belvedere, Wien) widmen sich den wildwachsenden, die Felder mit roten Farbakzenten überziehenden Mohnblumen, die so die Gestaltungs- und Farbkraft der Natur unter Beweis stellen. Im Jugendstil verwandeln sich die Blüten zu ornamentalen, stilisierten Ranken. Der Symbolismus zeigt sie als Traum, Halluzination, Vergessen und Schlaf. Von einer mysteriösen, traumwandlerischen Kraft erfüllt, erklärt sich auch Karl Hagemeisters Interesse an der Pflanze, deren kraftvolle Farbigkeit in so deutlichem Kontrast zur Fragilität ihrer Blüten steht. Am Ufer des Schwielowsees, wo sich Hagemeister in die Natur versenkt, um diese in sich aufzunehmen und die subjektive Empfindung wiedergeben zu können, entstehen ab 1875 erste zarte Gouachen (u. a. Bröhan-Museum und Alte Nationalgalerie, Berlin), die die geneigten Blüten, Knospen und aufragenden Kapseln in direkter Nahsicht wiedergeben. Unser Werk ist koloristisch deutlich ausdrucksstärker als jene frühe Arbeit „Mohn in weicher Abendzartheit“ (Karl Scheffler, Karl Hagemeister, in: Kunst und Künstler, 8. Jg., Heft 8, 1910, S. 417). Hagemeister malt die wildwachsende Blume dabei nach wie vor als ein natürlicher Teil der Landschaft, nicht als in der Vase domestizierte und arrangierte Künstlichkeit. Kaum interessiert an botanischer Genauigkeit, ist ihm daran gelegen, die Farbigkeit und vor allem die zarte Substanz der Blütenblätter einzufangen, die sich leicht bewegt vom über das Feld streichenden Wind nach links neigen. Wie belebte Wesen, flatternden Schmetterlingen gleich, tanzen die Blüten auf den feinlinigen Stängeln. In der Auflösung der Konturen setzt Hagemeister den ungewöhnlich reinen Farbausdruck im starken Kontrast von Rot und Grün gegeneinander und steigert so die koloristische, das Gegenständliche überwindende Farbintensität. Als leicht bläulicher Streifen deutet sich eine Landschaft im Hintergrund an - zum eigentlichen Inhalt des Bildes wird jedoch das immersive Mitfühlen von Farbe, Luft und Licht im unmittelbaren, distanzlosen Blick auf das Mohnfeld unter dem weiten sommerlichen Himmel. [KT]



57
Karl Hagemeister
Roter Mohn am Seeufer, Um 1905.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 20.000
Ergebnis:
€ 68.750

(inkl. Käuferaufgeld)