Auktion: 523 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 11.12.2021 in München Lot 355

 

355
Wilhelm Trübner
Aussichtsplatz am Starnberger See, 1911.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 13.750

(inklusive Aufgeld)
Aussichtsplatz am Starnberger See. 1911.
Öl auf Leinwand.
Rohrandt G 748. Links unten signiert. Verso auf dem Keilrahmen handschriftlich nummeriert. 61,5 x 76,5 cm (24,2 x 30,1 in).

PROVENIENZ: Galerie Caspari, München (1916).
Galerie Fritz Zickel, München/Berlin (1925).
Galerie J. H. Bauer, Hannover.
Privatsammlung Baden-Württemberg (2005 vom Vorgenannten erworben).

LITERATUR: Katalog Galerie Caspari, München 1916, o. A. (mit Abb.).
Josef August Beringer, Trübner. Des Meisters Gemälde, Stuttgart/Berlin 1917, S. 341 (ähnliches Motiv).
Auktionshaus Rudolf Bangel, Auktion 7.4.1925, Nr. 225 (Abb. Taf. 33, aus dem Eigentum der Galerie Fritz Zickel, unverkauft).

Vor allem im Spätwerk Wilhelm Trübners kommt der Landschaft als Motiv große Bedeutung zu. Der mittlerweile arrivierte Künstler – Direktor der Karlsruher Kunstakademie, Mitglied der Ausstellungsleitung der Berliner Secession, Vorstandsmitglied des Deutschen Künstlerbundes und auf zahlreichen Ausstellungen vertreten – verbringt in den Jahren 1907-1912 die Sommermonate am Starnberger See. Dort bewohnt er verschiedene herrschaftliche Häuser in der Villenkolonie in Niederpöcking am Ostufer, zunächst die Villa Ammann, 1909-1912 ist er in der Villa Friedrich Goes untergebracht. Er besucht den Kunsthistoriker Hermann Uhde-Bernays in dessen Villa am Ammersee und nähert sich der malerischen und sanften Landschaft in etlichen Gemälden. Interessant gestaltet sich bei dieser Werkgruppe, in der ein ähnliches Motiv – der Blick über den See hinweg vom Ufer aus – immer neu variiert wird. Ein solches Prinzip ist so charakteristisch für die Moderne, in der das Motiv Anlass gibt zur bildimmanenten Variation von Form und Farbe, wie es hier auch in der Neuordnung des landschaftlichen und bildlichen Raums bei Trübner geschieht. Die klare Staffelung der Bildebenen, die sich horizontal hintereinander aufreihen, erinnert dabei auch an die wenige Jahre zuvor in klarer Formensprache entstandenen symbolistischen Landschaften Ferdinand Hodlers und zeigen Trübners Interesse an den Entwicklungen der Zeit. Im Kontrast zu anderen Landschaften aus der Hand Trübners, in denen der Blick in die dichte Vegetation geführt und der Bildraum verschlossen bleibt, wählt er hier den weiten, in alle Richtungen unbegrenzten Ausblick. Schwungvoll wird der Blick dabei aufwärts geführt: zunächst über das sich sanft absenkende Ufer hinweg zu den in pastosem Farbauftrag gekräuselten leichten Wellen, über die transparente grünlich-blaue Oberfläche des Sees, bis er am anderen Ufer auf Schloss Berg und die Silhouette der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in Aufkirchen trifft und sich zu den duftigen Wolken am Himmel emporhebt. Fast schon in die Abstraktion gleitend nutzt Trübner hier die gesamte Kraft der transparent leuchtenden, gelblich-grünen und türkisblauen Töne, aufgetragen mit breiten kraftvollen Strichen, gegen die er mit den roten Blumen des kleinen Bouquets einen koloristischen Kontrast setzt. In unserer Landschaft drückt sich Trübners Idee des „Reinmalerischen“ aus, das sich von darstellenden Konventionen löst und den Ausdruck in Farbigkeit und Duktus verlagert, in denen die transparente Klarheit des ruhigen Sommertags und der Charakter dieser besonders malerischen Landschaft in vollkommener Weise eingefangen wird. [KT]



355
Wilhelm Trübner
Aussichtsplatz am Starnberger See, 1911.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 8.000
Ergebnis:
€ 13.750

(inklusive Aufgeld)