Auktion: 527 / Kunst des 19. Jahrhunderts am 11.06.2022 in München Lot 309

 

309
Franz von Defregger
Miedl, 1886.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 4.000
Ergebnis:
€ 10.000

(inklusive Aufgeld)
Miedl. 1886.
Öl auf Leinwand.
Defregger S. 324. Am linken Rand unterhalb der Mitte signiert und datiert. 55 x 45 cm (21,6 x 17,7 in).

PROVENIENZ: Privatsammlung Hessen.

Im umfangreichen Œuvre von Franz von Defregger zählen besonders die Mädchenporträts zu den beliebtesten Motiven. Am bekanntesten sind darunter wohl die sogenannten "Dirndln", Bildnisse der Tiroler Landmädchen in typischer Tracht, von gesunder Frische und einfacher Schönheit, die hoch im Kurs seiner großbürgerlichen Käuferschaft stehen. Etliche dieser Bildnisse gehen zurück auf seine Aufenthalte in Bozen ab 1872, wo er sich eine Villa mit Atelier bauen lässt und Frühling und Herbst dort verbringt. In dieser großen Zahl an ländlichen Schönheiten steht selten der individuelle Charakter der Dargestellten im Vordergrund, auch ihre Namen sind typisch für die Alpenregion: Franzi, Leni, Zenzi und Annamirl lassen keinen Zweifel an ihrer einfachen Herkunft. Defreggers malerische Laufbahn beginnt in Innsbruck in Tirol, führt in den 1860er Jahren über die Münchner Akademie nach Paris und schließlich in die Historienklasse Karl von Pilotys, in der er 1867-1870 sein Studium beendet. In kurzer Zeit sehr erfolgreich, wird er 1878 selbst von König Ludwig II. zum Professor für Historienmalerei der Münchner Akademie ernannt. Seine repräsentative Villa in München in der Königinstraße wird ab Beginn der 1880er Jahre zum kulturellen Zentrum und belegt seinen Status als Aufsteiger in der Münchner Künstlerszene, den er neben den Maurer- und Müllersöhnen Lenbach und Stuck, mittlerweile als "Malerfürsten" gefeiert, innehat. Neben diesen Erfolgen sind die 1880er und die frühen 1890er Jahre die Zeit der Typenbildnisse und Porträts. Eine sittsame und anständige, unverfängliche Schönheit in traditionellem folkloristischem Gewand wird hier zum Idealtypus erhoben und in zahlreichen Bildnissen "gesammelt", in Anlehnung an die Tradition einer "Schönheitengalerie", wie sie nicht erst Ludwig I. zusammenstellen ließ. Die einfachen Landmädchen Defreggers, die zum Inbegriff einer uneitlen, ungekünstelten Schönheit werden, sind demnach auch als Demokratisierung der seit jeher der weiblichen Schönheit verpflichteten Kunst zu verstehen, die nun nicht mehr nur dem Fürsten, sondern einer zahlungskräftigen Klientel verfügbar wird. [KT]



309
Franz von Defregger
Miedl, 1886.
Öl auf Leinwand
Schätzung:
€ 4.000
Ergebnis:
€ 10.000

(inklusive Aufgeld)